Bündnis gegen Armut und Wohnungsnot

§1 Tiroler Mindestsicherungsgesetz: „Ziel ist es Armut und Ausgrenzung zu bekämpfen und BezieherInnen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.“ Dafür setzen wir uns ein.

Mit 1. November ist nach einer Übergangsfrist die Tiroler Mindestsicherung NEU in Kraft getreten. Eine der gravierendsten Veränderungen im neuen TMSG ist, dass von der Übernahme der tatsächlichen, ortsüblichen Wohnkosten sowie der systematischen Trennung von Wohnkosten und Lebensunterhalt abgegangen wird. Die Wohnkosten werden in einer Höhe gedeckelt, die weit unter den realen Mietpreisen am privaten Wohnungsmarkt liegen. Teilweise liegen auch die Mietkosten von gemeinnützigen Wohnungen über den beschlossenen Deckelungen (z.B. Innsbruck Land Deckelung für 3 Personen bei € 591,-, gemeinnütziger Wohnbau TIGEWOSI drei Zimmer € 850,-).

BezieherInnen von Mindestsicherung sind nun gezwungen, die nicht mehr übernommenen Mietkosten aus dem Lebensunterhalt zu bezahlen. Damit wird durch die „Hintertür“ eine existenzbedrohende generelle Kürzung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes vorgenommen.

Betroffen davon sind nicht nur ein paar wenige Einzelfälle, sondern der Großteil der BezieherInnen. Die Deckelung der Wohnkosten führt zu Wohnungsnot und -verlust, verhindert Anmietungen, verstärkt Armut und Ausgrenzung, schränkt Bildungs-, Arbeits- und Zukunftschancen ein.

Neben der Wohnkostendeckelung bereiten besonders folgende Punkte den Betroffenen zusätzliche Not: Kürzung der Mindestsätze für Kinder sowie für Menschen in Bedarfs- und Wohngemeinschaften.

Dies alles betrifft auch die große Gruppe jener Menschen, die über ein eigenes Einkommen verfügen und bis dato aufstockende Leistungen aus der Mindestsicherung bezogen haben. Häufig fallen sie aufgrund der Wohnkostendeckelung und der gekürzten Mindestsätze nun gänzlich aus dem Bezug.

Vor allem für Menschen mit Behinderung bedeuten die Kürzungen in der Mindestsicherung, dass ein selbständiges Leben in einer eigenen Wohnung oder Wohngemeinschaft erschwert wird. Dies widerspricht dem im Tiroler Teilhabegesetz soeben beschlossenen Grundsatz „mobil vor stationär“.

Die aktuelle Rechtslage widerspricht zudem den in § 1 TMSG formulierten Zielen („Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“) und den Grundsätzen (Mindestsicherung „bezweckt, den Mindestsicherungsbeziehern das Führen eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen“) und belastet die Betroffenen in einem nicht mehr vertretbaren Ausmaß.

Wer über kein ausreichendes Einkommen verfügt, um seine Grundbedürfnisse abzudecken, braucht solidarische Unterstützung. Die Mitglieder des Bündnisses gegen Wohnungsnot und Armut verstehen sich als Interessensvertretung der Betroffenen und lehnen diese Art von Einsparungen im Sozialbereich auf Kosten der Hilfebedürftigen strikt ab.

Die Einrichtung der „Mindestsicherungskommission“ kann als „Krisenintervention“ nur eine Übergangslösung sein und wird aufgrund von Praxisfällen die oben geschilderten Folgen der aktuellen rechtlichen Regelungen bestätigen können.

Deswegen wenden wir uns mit dem dringenden Anliegen an den Herrn Landeshauptmann Günther Platter und an die Tiroler Landesregierung:

Die Mieten müssen wieder in tatsächlicher Höhe übernommen werden, zumindest muss jedenfalls die Wohnkostenverordnung des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes den tatsächlichen Verhältnissen angepasst sowie das TMSG wenigstens in den dargelegten Punkten entschärft werden.

  • um Delogierungen und Wohnungslosigkeit zu verhindern
  • um Anmietungen zu ermöglichen
  • um Armut in Tirol zu verhindern
  • um Menschen in finanziellen Notlagen Zukunftschancen zu ermöglichen
  • um betroffenen Kindern und Jugendlichen Bildungschancen zu ermöglichen

Mit freundlichen Grüßen

die UnterzeichnerInnen

Dachverbände, Interessensvertretungen und ähnliches:

Arbeiterkammer Tirol ÖGB Tirol, Landesvorsitzender Philip Wohlgemuth Evangelische Superintendenz A.B. Salzburg und Tirol arbeit plus – soziale Unternehmen Tirol  aut. architektur und tirol Arge SODIT (Arbeitsgemeinschaft der sozialen Dienstleistungsanbieter für Menschen mit Behinderungen, Lernschwierigkeiten und psychischen Beeinträchtigungen in Tirol) Die Armutskonferenz Österreich Katholische Aktion, Diözese Innsbruck Katholische Frauenbewegung Tirol obds – Österreichischer Berufsverband der Sozialen Arbeit, Landesverband Tirol BAWO – Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe Österreich (Obfrau Elisabeth Hammer) POJAT – Plattform Offene Jugendarbeit Tirol  Tiroler Integrationsforum Initiative Menschen-Recht IVSWG – Interessensvertretung Sozialpädagogischer Wohngruppen für Kinder und Jugendliche Tirol  FIAN Österreich SPAK Tirol (alle vertretenen Einrichtungen sind unten separat genannt) Arbeitskreis Kinder- und Jugendhilfe  Die Termiten – Plattform für kritische Sozialarbeit in Tirol  Josefikreis der Arbeiterkammer Tirol mit Lothar Müller als Koordinator (insgesamt 56 Einrichtungen Tirols in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales vertreten – tlw. einzeln bereits genannt)

Einrichtungen und Institutionen:

AIDS-Hilfe Tirol AEP – Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft  Aktion Leben Tirol arbas – Arbeitsassistenz Tirol AufBauWerk Autistenhilfe Tirol Blinden- und Sehbehindertenverband Tirol Chill Out, DOWAS Diakonie Flüchtlingsdienst Tirol Diakoniewerk Soziale Dienstleistungen GmbH Die Eule Don Bosco Einrichtungen DOWAS DOWAS für Frauen Emmaus Evita FLUCHTpunkt Frauenhaus Tirol Frauenreferat der Diözese Innsbruck Heilpädagogische Familien gGmbH Heinz Schoibl, Helix – Sozialforschung und Beratung, Salzburg Ho & Ruck IBBA gGmbH IBUS – Innsbrucker Beratung und Unterstützung für Sexarbeiterinnen InnHouse Innovia gem. GmbH ISD Alexihaus Johanniter Tirol Jugendwohnstart Kinder- und Jugendanwaltschaft Tirol KIZ – Kriseninterventionszentrum Lebenshilfe Tirol LL Immo – Leiter Luis KG, die unabhängige Immobilienberatung (u.a. Studienautor zu leistbarem Wohnen in Tirol) Männerberatung Mannsbilder MoHi – Mobiler Hilfsdienst Netz Tirol Neustart Tirol Nestwärme Tirol ÖRK Landesverband Tirol, Geschäftsleitung Thomas Wegmayr ÖZIV Landesverband Tirol pro mente Tirol Psychosozialer Pflegedienst Tirol Resilienzbewegung Tirol – Aktionsgemeinschaft für Soziale Verantwortung Rettet das Kind Tirol Schuldenberatung Tirol Sign Tirol slw Soziale Dienste GmbH Sozialberatung der tirol-Kliniken Suchtberatung Tirol sucht.hilfe BIN Tiroler Arbeitskreis für integrative Entwicklung (TAfiE) Tiroler Kinder und Jugend GmbH Verein Frauen gegen Vergewaltigung Verein für Obdachlose Verein Gemeinwohl-Ökonomie Tirol Verein Rechtsladen Tirol Verein WAMS VertretungsNetz Tirol Vinzenzgemeinschaften Tirol W.I.R. – gGmbH ZeMit – Zentrum für MigrantInnen in Tirol Z6 – Zentrum für Jugendarbeit Mitarbeiterinnen Frauen helfen Frauen, Sabine Kofler und Bettina Hotter BAWO-Vorstand Tirol, Sabine Trummer Max Preglau, Universität Innsbruck (u.a. Vertreter des Arbeitskreises gender, care and social justice) Alexandra Weiß, Universität Innsbruck (u.a. diverse Veröffentlichungen im Bereich Sozialpolitik) Claudia Globisch, Universität Innsbruck (u.a. österreichweite Langzeitstudie zu den Auswirkungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auf die BezieherInnen)

PETITION

Sozialarbeiter_innen aus ganz Europa fordern: Offene EU Grenzen für Flüchtlinge und Asylbewerber_innen

Europaweite Petition von Sozialarbeiter_innen:

Aufgrund von politischen Konflikten erleben wir auf der Erde eine fast beispiellose Bewegung von Menschen. Bis Mitte Oktober 2015 sind nach Angaben der IOM und dem UNHCR ca. 590.000 Menschen über den Seeweg nach Europa geflohen. Forschungsergebnisse der IOM weisen darauf hin, dass Europa das gefährlichste Ziel für „irreguläre“ Migrant_innen ist, allein die Flucht über das Mittelmeer kostete in diesem Jahr bislang über 3000 Menschenleben. Die EU und die einzelnen Regierungen müssen auf diesen Notstand reagieren. Auf Basis der Prinzipien und Standards die in den relevanten Menschenrechtsabkommen und Rahmenverträgen der Vereinten Nationen verankert sind, die bislang keine Beachtung fanden.

1. Es besteht die Notwendigkeit für sichere und legale Fluchtwege nach Europa.
Die Reisefreiheit zu ermöglichen wird die Folge haben die riskanten Schiffsüberfahrten zu verhindern und wird Leben retten. Legale Fluchtwege sollten beinhalten:

– Die Vergabe von humanitären Visa (mit dem Zweck bei Ankunft einen Asylantrag stellen zu können)
– Die Etablierung von Weiterwanderungsprogramme (Resettlement), die das Aufnehmen von Flüchtlingen direkt aus den Ländern der Verfolgung ermöglicht.
– Die Einführung humaner Familienzusammenführungsregelungen
– Die Finanzierung „Refugee Air Initiative“ durch die EU
– Die Einstellung oder das Verbot der EU Directive 2001/51/EC, welche verhindert, dass Flüchtlinge kommerzielle Reiseoptionen nutzen können und welche die Prüfung, ob eine Person die Flüchtlingseigenschaft besitzt den Fluggesellschaften überträgt.

2. Sichere und legale Einwanderungswege in die EU sind zudem zu schaffen durch die völlige Aufhebung der Dublin III Regelung (No. 604/2013).

3. Die Entkriminalisierung von Flüchtlingshilfe durch Privatpersonen und Initiativen inklusive des Transports ist notwendig.

4. Das Verbot von Haftlagern ist notwendig, ebenso wie die Unterstützung der vorübergehenden sicheren Nutzung von Angeboten von Freiwilligeninitiativen. Haftlager und Übergangslager sind inhuman und verschlechtern die Lebenssituation der Menschen die vor Verfolgung und politische Konflikte fliehen. Flüchtlinge werden in ihnen weiterer Vernachlässigung und Misshandlung unterworfen. Viele Initiativen möchten übergangsweise oder dauerhaft die Wohnsituation von Flüchtlingen unterstützen. Dank der sozialen Medien und des Internets im Allgemeinen können Sozialarbeiter_innen im Besonderen unterstützt werden, solche Wohnvorhaben zu realisieren.

Für die Öffnung der EU-Grenzen, jetzt!

Zur Unterschrift

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