Buchrezension „Zum Wohle!“

Roman zur Lage der Kinder- und Jugendhilfe

Mechthild Seithe, eine Doyenne der deutschen Sozialarbeit und unter anderem Autorin des „Schwarzbuch Soziale Arbeit“ sucht mit dem Roman „Zum Wohle!“ einen anderen Weg, sich mit derzeitigen Lage in der deutschen Kinder- und Jugendhilfe auseinanderzusetzen.

Der Roman „Zum Wohle!“ spielt in einer Gegenwart, die von der gesamt-gesellschaftlichen Umsteuerung im neoliberalen Sinne und damit von der Vermarktlichung auch des Sozialen geprägt ist, Entwicklungen gegen die sie in ihren anderen Büchern angeschrieben hat.

„Aber ich kenne und liebe dieses Arbeitsfeld und diesen gesellschaftlichen Bereich und ich möchte ihm nach fast 40 Jahren der Verbundenheit ein Geschenk machen, ein Denkmal setzen und die Bedingungen für seine Rettung definieren.“ (Seithe 2017)

Auf diese Weise versucht sie wohl auch eine breitere Leserschaft anzusprechen, die über kein professionelles sozialarbeiterisches Wissen verfügt.

„Der Markt treibt der Sozialen Arbeit die Seele aus.“ (Seithe 2010,146).

Und wie das passiert, zeichnet sie anhand der gut gezeichneten Figuren im Roman nach. Die Protagonist_innen bestehen aus Hannes, Sozialarbeiter mit Leistungsambitionen, der allein-erziehenden Christine, deren Tochter Christine und der Familienhelferin Irene.

Hannes bewirbt sich erfolgreich um eine Leitungsposition, aber er muss ohnmächtig zusehen, wie Kinder und Jugendliche im Stich gelassen werden und Hilfen zu spät oder halbherzig kommen, wie beispielweise für die kleine  Anna und ihre Mutter Christine. Er versucht trotzdem, seine Sandwichposition mit den verschiedenen Rollenerwartungen seitens der Leitung und den Mitarbeiter_innen auszubalancieren. Er scheitert und findet nach einem halben Jahr eine Stelle in einem „Sozialkonzern“. Aber auch hier muss er erkennen, dass man von ihm als Leiter vor allem erwartet, die Anweisungen und Interessen seiner Arbeitgeber nach unten durchzusetzen. Seine Hoffnung auf mehr Macht und Einfluss indes erweist sich als Fehleinschätzung.

Seine Familie, seine Freunde und die Kolleginnen Miriam, Heike und Irene vom „Kritischen Kreis Soziale Arbeit“ begleiten ihn durch die Höhen und Tiefen seines Dilemmas. Hannes Thaler steht wieder zwischen allen Stühlen. Mehr soll zum Inhalt des Romanes nicht verraten werden.

Zum Hintergrund: Sozialarbeiter_innen und Sozialpädagog_innen gehören zu den berufstätigen Gruppen mit der höchsten Burnout Rate. Gegenwärtig entwickelt sich die Soziale Arbeit im Rahmen einer konservativ autoritären und neoliberalen Ideologie zur bloßen Verwahrung bis hin zum Ausschluss derer, die nicht bereit und in der Lage sind, den Habitus der Leistungsgesellschaft zu übernehmen. (Seithe 2017)

Eine inzwischen pensionierte Sozialarbeiterin schrieb mir zum Buch: „Spannendes Buch, hab es in kurzer Zeit gelesen, weil ich wissen wollte, wie es weitergeht, hat mich frappierend an viele Situationen in den letzten Berufsjahren erinnert. Natürlich nicht nur die ständige Erinnerung ans fehlende Geld, von den Mitarbeiter_innen wurde in der Folge erwartet, dass sie ihre Arbeitszeit kürzen. Ich fragte mich, warum waren sie in der Zentrale nicht bereit Arbeitszeitverkürzungen auf der Leitungsebene zu machen. Sie haben den ganzen Apparat so aufgebauscht und die Verwaltung war das Wichtigste. Und dazu die überbordende Dokumentation, die Verschärfung der Kontrolle, weil man ja den Sozialarbeiter_innen keine professionelle Arbeit zutraut. Es wurde immer unerträglicher. Ja so sah ich diese ganze neoliberale Entwicklung, nicht nur im sozialen Bereich, aber vor allem.“

Das Buch kann dazu beitragen auf diese Entwicklungen, besonders auch auf deren Auswirkungen auf die betroffenen Klient_innen genauer hinzuschauen, denn „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“ (Theodor W. Adorno)

Ich wünsche dem Buch viele Leser_innen! Es kann in der Praxis stehenden Sozialarbeiter_innen, die in so beschriebenen Arbeitsbedingungen gefangen sind, einen Spiegel vorhalten. Und wie eingangs schon angemerkt kann es Fachfremden vermitteln, worum es in der Sozialen Arbeit geht, was an der Arbeit schön aber auch sehr belastend bis unerträglich sein kann.

 Rezensentin: Dr.in Waltraud Kreidl

2017, Verlag Neue Schöne Welt, 330 Seiten, 15 € +Porto

ISBN 978-3-00-055700-2

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